IM FOKUS

Schulterschmerzen

Ausgabe
4
Cover der IM FOKUS Ausgabe
Die „Top 5“-Diagnosen bei Schulterschmerzen

Immer häufiger werden Ärzte und Physiotherapeuten von ihren Patienten wegen Beschwerden im Bereich des Schulter- gelenks aufgesucht. Durch das veränderte Freizeitverhalten und den zu Recht gestiegenen Anspruch des Menschen, auch im reiferen Alter noch aktiv sein zu können, rücken Schulterschmerzen immer mehr in den Fokus unserer Tätigkeit. Die Ursachen für Schulterbeschwerden sind mannigfaltig. Umso wichtiger ist es, frühzeitig eine exakte Diagnose zu stellen. Nur so ist eine gezielte, effiziente Behandlung möglich.

Nachfolgend möchten wir Ihnen die „Top 5“, die fünf häufigsten Krankheitsbilder, die für Schulterschmerzen verantwortlich sein können, sowie deren Diagnose und entsprechende Therapiemöglichkeiten vorstellen. Wie immer legen wir hierbei Wert auf den pragmatischen Ansatz „Aus der Praxis, für die Praxis“.

Häufige Ursachen für Schulterschmerzen

Dem Leitspruch „Das Häufige ist häufig, das Seltene ist selten“ folgend, möchten wir Ihnen in dieser Ausgabe eine Übersicht der „Top 5“-Erkrankungen geben, die für Schulterschmerzen verantwortlich sein können:

  • Impingement-Syndrom
  • Tendinosis calcarea
  • Rotatorenmanschettenruptur
  • Capsulitis adhaesiva/Frozen shoulder
  • Akromio-Klavikulargelenk-Arthrose

Selbstverständlich dürfen in der ärztlichen und therapeutischen Praxis die zahlreichen Differenzialdiagnosen, insbesondere Erkrankungen und Funktionsstörungen der HWS, aber auch Omarthrose, rheumatoide Arthritis, Tumore, internistische Erkrankungen, neurogene Erkrankungen, funktionelle Störungen, Tendinosen, Bursitiden, traumatische Verletzungen, Instabilitäten und andere nicht außer Acht gelassen werden.

Impingement-Syndrom – Schulter

Synonyme: Schulterengesyndrom, subacromiales Engesyndrom, Periarthritis humero-scapularis (PHS)

Definition und Ätiologie

Als Impingement-Syndrom der Schulter bezeichnet man eine schmerzhafte Reizung und Degeneration von Sehnen und Schleimbeuteln aufgrund einer anatomischen Enge zwischen Humeruskopf und Akromion. Für die Bewegung des seitlichen Hebens des Arms über 60°, welche beim Impingement-Syndrom meistens schmerzhaft ist, ist hauptsächlich der M. supraspinatus verantwortlich. Akute oder chronische Kompressions- oder Friktionsbelastungen der Rotatorenmanschette sind für das Impingement-Syndrom ursächlich. Dementsprechend tritt die Erkrankung häufig infolge vermehrter Überkopf-Aktivitäten auf, beispielsweise im Sport beim Tennis, Werfen oder Volleyball oder im Beruf bei Handwerkern, z. B. Malern.

Diagnose

Anamnese

Der Patient klagt meist über Schmerzen in der Schulter und im proximalen Oberarm beim seitlichen Heben des Arms über 90°. Besonders ausgeprägt sind die Schmerzen bei abrupten Bewegungen oder unter Belastung, zeitweise bestehen auch Ruheschmerzen.

Klinische Untersuchung

Inspektorisch ist die Schulter in aller Regel wenig auffällig. Passiv ist die Schulter meist frei beweglich (Flexion 170°, Abduktion 90°, Innenrotation/Außenrotation 70 / 0 / 90°). Wegweisende Funktionstests wie painful-arc, Hawkins- und Jobe-Test sind meist deutlich positiv.

Impingement-Test

Jobe-Test: Provokationstest zur Beurteilung des M. supraspinatus. Durchführung: aktive Elevation des Arms gegen Widerstand aus 90° Abduktion mit innenrotiertem Arm. Bei Schmerzen und/oder Kraftminderung gilt der Jobe-Test als positiv. Er ist hinweisend auf ein subacromiales Impingement, bei Kraftabschwächung auf eine Ruptur der Supraspinatussehne

Bildgebende Diagnostik

Ultraschall: zur Beurteilung der Bursa subacromialis, der Rotatorenmanschette sowie zur Evaluation eines eventuellen Gelenkergusses.

Röntgen: Schulter in drei Ebenen (ap/aro, ap/iro, outletview/ Y-Aufnahme) zur Beurteilung der knöchernen Verhältnisse (Hakenacromion, vermehrter lateraler Acromion slope, Arthrose, Tendinosis calcarea).

MRT: umfassende Informationen zu allen knöchernen und weichteiligen Strukturen des Gelenks, insbesondere bei Verdacht auf Rotatorenmanschettenruptur und zur Beurteilung des Entzündungszustands.

Konservative Therapiemaßnahmen

Schonung der Schulter

Als wichtigste kausale Maßnahme sollte versucht werden, schmerzauslösende, belastende Bewegungen der Schulter zu vermeiden. Das bedeutet eine Pause von schulterbelastendem Sport und entsprechend auch Meidung von berufsbedingten, schulterbelastenden Bewegungen.

Medikamentöse Behandlung

Als medikamentöse Basistherapie ist der Einsatz von oralen NSARs empfehlenswert (z. B. Diclofenac 2 x 75 mg/d oder Ibuprofen 3 x 600 mg/d über 2 bis 3 Wochen). Eine Alternative ist eine lokale Infiltrationsbehandlung des Subacromialraums, also in die Bursa subacromialis: in der Akutphase z. B. Triamcinolon 10 mg und Dexamethason 4 mg auf 10 ml Bupivacain 0,5 % (Cave bei Cortikoiden: Abstand zwischen zwei Injektionen mindestens 4 Wochen, insgesamt nicht mehr als 3 Wiederholungen!). Bei chronischem Verlauf ggf. 1 Amp. Traumeel auf 10 ml Bupivacain 0,5 % 6-mal im wöchentlichen Abstand. Bezüglich Gelenkinjektionen möchten wir auf die Empfehlung der deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) verweisen.

Physiotherapie

Durch Krankengymnastik sollen muskuläre Dysbalancen ausgeglichen werden, um dadurch einen entlastenden subacromialen Raumgewinn zu erzielen. Hierzu muss die den Humeruskopf cranialisierende Muskulatur (M. suprapinatus, M. deltoideus) detonisiert und die den Humeruskopf caudalisierende Muskulatur (Außenrotatoren: M. infraspinatus, M. teres minor; Innenrotatoren: M. subscapularis) gekräftigt werden. Hilfreich und effizient ist es, wenn der Patient zum selbstständigen Üben angeleitet wird. Durch lokal den Stoffwechsel aktivierende Maßnahmen wie Querfriktionen, Ultraschall, Elektro- oder Kryotherapie kann der Regenerationsprozess des Sehnengewebes gefördert werden.

Stoßwellenbehandlung

Die Stoßwellentherapie ist bei chronisch schmerzhaften Sehnenansatzreizungen eine alternative Behandlungsmöglichkeit, insbesondere dann, wenn klassische konservative Therapiemaßnahmen wie Medikamente, Physiotherapie etc. nicht zu einer dauerhaften Beschwerdefreiheit führen. Durch die Behandlung mit der fokussierten Stoßwellentherapie wird im Bereich der Sehnenschädigung eine erhöhte Stoffwechselaktivität induziert. In aller Regel erfolgen drei Behandlungen im Abstand einer Woche, wobei jeweils 2.000 bis 2.500 Impulse mit einer Frequenz von ca. 8 Hertz appliziert werden.

Operative Therapiemaßnahmen

Persistieren die Schulterbeschwerden trotz konsequenter konservativer Therapie über 3 bis 4 Monate oder kommt es zu rezidivierenden, belastungsabhängigen Beschwerden, sollten operative Maßnahmen erwogen werden. Hierdurch kann das Impingement-Syndrom kausal therapiert und einem chronischen Sehnenschaden, ggf. auch einer drohenden Rotatorenmanschettenruptur vorgebeugt werden. Einen solchen operativen Eingriff bezeichnet man als „subacromiale Dekompression“.

Eine arthroskopische subacromiale Dekompression kann stationär (1 bis 2 Nächte) oder ggf. auch ambulant erfolgen. Postoperativ muss der Arm die ersten 4–6 Wochen geschont werden. Eine Ruhigstellung ist aber nicht erforderlich. Begleitend sollten physiotherapeutische Behandlungen erfolgen. Bei richtiger Indikation zeigt die arthroskopische subacromiale Dekompression durch einen erfahrenen Operateur hervorragende Ergebnisse. Durch die arthroskopische Vorgehensweise ist das OP-Risiko (Infekt, Wundheilungsstörung etc.) sehr gering.

Tendinosis calcarea

Synonym: Kalkschulter

Definition und Ätiologie

Bei der Tendinosis calcarea handelt es sich um eine lokale Ablagerung von Calciumkristallen in der Rotatorenmanschette. Sie betrifft vor allem Frauen und Männer mittleren Alters. Die Ätiologie der Tendinosis calcarea ist nicht eindeutig geklärt. Zum einen scheint eine lokal eingeschränkte Sauerstoffnutrition von bestimmten Sehnenarealen verantwortlich zu sein, zum anderen werden repetitive Mikrotraumatisierungen u. a. auch im Zusammenhang mit einem subacromialen Impingement diskutiert. Die Tendinosis calcarea kann grundsätzlich einen selbstlimitierenden Verlauf nehmen. Es gibt dann ein Präkalzifikations-, ein Verkalkungsund ein Postkalzifikationsstadium, welches schließlich in einer Restitutio ad integrum mit spontaner Auflösung des Kalkdepots endet.

Die Resorption des Kalkdepots kann jedoch auch ausbleiben, nur unvollständig erfolgen oder temporär unterbrochen werden. Dies kann zum symptomatischen Persistieren des Kalkdepots, ggf. auch zu einer sogenannten Postkalzifikationstendinitis mit anhaltenden Schulterbeschwerden trotz röntgenologisch gesicherter vollständiger Kalkauflösung führen.

Symptome

Die Symptome der Tendinosis calcarea sind sehr variabel. Sie reichen von asymptomatischen Zuständen über leichte bewegungsabhängige Beschwerden, mehr oder minder starke Ruheschmerzen bis hin zu perakuten Schmerzen. Diese massivsten Schmerzen entstehen oft zum Zeitpunkt der (partiellen) Entleerung des Kalkdepots in die Bursa subacromialis.

Diagnose

Anamnese

Die Anamnese ist recht unspezifisch. Meist klagt der Patient über Schulterschmerzen, die in den anterolateralen Oberarm ausstrahlen.

Klinische Untersuchung

Auch die klinische Untersuchung ist je nach Größe und Lage des Kalkdepots sehr variabel. Bei großen Kalkdepots, insbesondere der Supraspinatussehne, findet sich oftmals ein begrenztes Bewegungssegment, welches nicht oder nur unter erheblichen Schmerzen überwunden werden kann.

Dies führt oft zu Ausweichbewegungen und scheinbaren Bewegungseinschränkungen, welche schon bei leichter Modifikation der Bewegungsrichtung nicht mehr vorliegen. Im Extremfall ist die Untersuchung der Schulter schmerzbedingt kaum möglich (Kalkentleerung).

Bildgebende Diagnostik

Sonografie: Bei Verdacht auf Tendinosis calcarea ist die Sonografie ein einfaches und zuverlässiges Diagnoseverfahren. Die Calcifikation stellt sich als sichelförmige Struktur innerhalb der Rotatorenmanschette mit typischem Schallschatten dar.

Röntgen: Das sensitivste bildgebende Verfahren bei Tendinosis calcarea sind Röntgenaufnahmen im a.p.-Strahlengang in Außen- und Innenrotation sowie „Outlet view“-Projektion. Hierbei ist es zudem möglich, ein Kalkdepot aufgrund seiner röntgenmorphologischen Eigenschaften zu klassifizieren (Gärtner-Klassifikation) und dessen Entwicklung zu prognostizieren.

MRT: Die Kernspintomografie hat in der Diagnose der Tendinosis calcarea eine nur untergeordnete Bedeutung.

Therapie

Aus unserer Sicht empfiehlt sich in aller Regel zunächst die konservative Therapie über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten. Als negative prognostische Faktoren für den Erfolg einer konservativen Therapie gelten die Lokalisation der Verkalkung in der Supraspinatussehne und ein großes Volumen des Kalkdepots.

Konservative Therapiemaßnahmen

Die Therapiemaßnahmen bei chronischen Beschwerden aufgrund Tendinosis calcarea entsprechen weitestgehend denen bei subacromialem Impingement (s. a. Seite 3). Die früher gehegte Hoffnung, mit Stoßwellenbehandlung ein Kalkdepot in der Rotatorenmanschette, ähnlich beispielsweise Steinen in der Niere, zertrümmern zu können, hat sich laut aktueller Studienlage leider nicht erfüllt. Die Stoßwellenbehandlung gehört deshalb bei uns nicht zur Standardbehandlung der Tendinosis calcarea.

Bei akuter bzw. perakuter Tendinosis calcarea kommt es zu heftigsten Schulterschmerzen aufgrund einer im Rahmen der Auflösung des Kalkdepots verursachten Bursitis subacromialis. Neben Ruhigstellung und Kühlung sind hochdosiert orale Antiphlogistika (z. B. Diclofenac 2 x 75 mg/d oder Ibuprofen 3 x 800 mg/d) in Kombination mit Analgetika (z. B. Novaminsulfon/Metamizol 4 x 500 mg/d) erforderlich. Reicht dies nicht aus, sollte eine lokale Infiltration des Subacromialraums, d. h. der Bursa, mit z. B. Triamcinolon 40 mg und Dexamethason 8 mg auf 10 ml Bupivacain 0,5 % erfolgen. Kommt es zur vollständigen Resorption des Kalkdepots, ist damit die Erkrankung Tendinosis calcarea beendet. Kommt es nur zur partiellen Kalkdepotauflösung, können solche Entzündungsschübe immer wieder auftreten.

Operative Therapiemaßnahmen

Bei Beschwerdepersistenz trotz konservativer Therapie ist die operative, arthroskopische Entfernung des Kalkdepots indiziert. Hierbei wird zunächst die regelmäßig pathologisch veränderte Bursa subacromialis entfernt, die Sehne über dem Kalkdepot in Längsrichtung geschlitzt, der Kalk exprimiert und der Bereich mittels Lavage zusätzlich gesäubert. Bei pastösen Kalkdepots gelingt dies recht einfach. Hat das Kalkdepot eine eher kristalline Konsistenz, sollte eine komplette Ausräumung der Kalkablagerungen nicht auf Kosten der Rotatorenmanschette erzwungen werden. Vielmehr wird die Sehne in solchen Fällen „geneedelt“. Hierbei wird die Sehne mit einer Kanüle bis in den Knochen hinein mehrfach perforiert und dadurch eine „healing response“ induziert. D. h. durch eine im Rahmen des Heilungsprozesses vermehrte Durchblutung wird das Kalkdepot in der Folgezeit sukzessive resorbiert. Unmittelbar postoperativ noch nachweisbare Kalkreste weisen somit eine hohe Spontanauflösungsrate auf. Bei bestehendem Impingement sollte die arthroskopische Kalkdepotentfernung mit einer arthroskopischen subacromialen Dekompression kombiniert werden. Die Behandlungsergebnisse sind mittel- und langfristig mit einer Beschwerdefreiheit in > 90 % der Fälle sehr gut. Rezidive sind nicht zu erwarten.

Rotatorenmanschettenruptur

Synonym: Sehnenriss Schulter

Ätiologie

Die Rotatorenmanschette kann primär traumatisch, beispielsweise durch einen Sturz auf den Arm reißen. Meist ist jedoch eine vorbestehende, chronische Sehnendegeneration mit oder sogar alleine ursächlich dafür, dass es zum Sehnenriss kommt. Bei einer entsprechend vorgeschädigten Sehne reicht oft eine impulsartige stärkere Belastung, bei starker Degeneration manchmal sogar eine Alltagsbelastung aus, um den Riss zu verursachen. Prädisponierend für eine Ruptur der Rotatorenmanschette ist ein chronisches subacromiales Impingement. Besonders häufig ist die Supraspinatussehne von einer Ruptur betroffen. Im höheren Lebensalter finden sich gehäuft asymptomatische Rupturen an der Rotatorenmanschette.

Man unterscheidet partielle und komplette Sehnenrupturen. Bei der partiellen Sehnenruptur, der sogenannten Teilruptur, ist nicht die gesamte Schichtdicke der Sehne betroffen, wie dies bei der kompletten Sehnenruptur der Fall ist. Eine Sehnenteilruptur hat grundsätzlich die Tendenz zur Progredienz, d. h. sie neigt dazu, in eine Komplettruptur überzugehen. Genauso hat eine komplette Sehnenruptur die Tendenz, größer zu werden, wenn ihre Ursache nicht behoben wird.

Anamnese

Bei einem akuten Schaden an der Rotatorenmanschette klagt der Betroffene über plötzliche, oft stechende Schmerzen, vor allem bei Bewegungen des Armes nach oben. Häufig ist auch die Funktion, insbesondere die Kraft spürbar reduziert. Aufgrund einer sich ausbildenden Entzündung kommt es gehäuft zu mehr oder minder chronischen nächtlichen Schulterschmerzen, die regelmäßig in den Oberarm ausstrahlen.

Klinische Untersuchung

Inspektorisch ist die Schulter in aller Regel wenig auffällig. Passiv ist die Schulter meist frei beweglich (Flexion 170°, Abduktion 90°, Innenrotation/Außenrotation 70 / 0 / 90°), zeigt aber meist einen mehr oder minder starken Bewegungsschmerz.

Insbesondere spezielle Provokationstests für die einzelnen Sehnenabschnitte sind differenzialdiagnostisch wichtig. Bei Ruptur der Sehne des M. Supraspinatus ist das Heben des Arms zur Seite (painful arc) oder auch nach vorne (Jobe Test) schmerzhaft und kraftabgeschwächt. Bei Ruptur der Sehne des M. Infraspinatus (ggf. in Kombination mit einem Schaden am M. teres minor) ist die Außenrotationskraft abgeschwächt bzw. schmerzhaft. Bei Ruptur der Sehne des M. subscapularis ist die Innenrotationskraft des Armes abgeschwächt bzw. schmerzhaft (lift-off Test).

Bildgebende Diagnostik

Bei Verdacht auf eine Ruptur der Rotatorenmanschette sind gezielte apparative Untersuchungen wie Ultraschall oder MRT zur Darstellung der Sehnen dringend indiziert. Das MRT gibt sicherlich die umfassenderen Informationen und ist bei V. a. Rotatorenmanschettenruptur in aller Regel unerlässlich.

Therapie

Grundsätzlich gilt, dass eine gerissene Rotatorenmanschette keine Selbstheilungstendenz hat, sondern die Rissgröße eher progredient ist. Sämtliche Behandlungsstrategien orientieren sich grundsätzlich an der individuellen Beschwerdesymptomatik, am Anspruch und an den speziellen Lebensbedingungen des Patienten. Bei jungen Patienten oder körperlich sehr aktiven Menschen sollte großzügig auch bei einem kleineren Riss der Sehne eine Rekonstruktion, d. h. die Naht der Sehne erfolgen. Gleichzeitig muss ein ggf. bestehendes Impingement beseitigt werden. Je geringer der Bewegungs- und Belastungsanspruch des Patienten ist, desto zurückhaltender kann man beim älteren Menschen mit der Rekonstruktion einer gerissenen Sehne sein. Hier kann dann ggf. auch mit konservativen Therapiemaßnahmen die Lebensqualität wiederhergestellt werden.

Konservative Therapiemaßnahmen

Ziel der konservativen Therapie bei Läsion der Rotatorenmanschette ist es, die Symptome Schmerz und Funktionsdefizit, d. h. in aller Regel eine Kraftabschwächung bei Armbewegungen zu lindern und die Gefahr einer Schadensprogression zu reduzieren. Eine sehr wichtige Maßnahme ist selbstverständlich, dass der Patient schmerzauslösende, belastende Bewegungen der Schulter vermeidet.

Die konservativen Therapiemaßnahmen bei Rotatorenmanschettenruptur unterscheiden sich grundsätzlich nicht wesentlich von der Therapie beim Impingement-Syndrom (s. a. Seite 3). Es sollte jedoch keine Stoßwellenbehandlung erfolgen.

Operative Therapiemaßnahmen

Die moderne Schulterchirurgie bietet heute die Möglichkeit, Sehnenrisse im Rahmen einer arthroskopischen Operation zu versorgen. Mit der arthroskopischen Operationsmethode kann der erfahrene Schulterexperte auch Sehnenrisse reparieren, die der früher praktizierten, offenen, zudem sehr traumatisierenden OP-Technik nicht zugänglich waren.

Zur Rekonstruktion werden die abgerissenen Sehnenenden mithilfe kleiner Fadenanker (aus Titan, PEAK oder bioresorbierbaren Materialien) am Knochen refixiert, damit sie dort festheilen. Zugleich ist es meist notwendig, den Raum unter dem Schulterdach zu erweitern, um die Sehne vor unnötiger Druckbelastung zu schützen und deren sicheres Anheilen zu gewährleisten.

Je frischer und je kleiner ein Riss der Rotatorenmanschette ist, desto besser sind die Heilungschancen. Sehr große Risse, die vielleicht auch schon seit Monaten bestehen, erfordern besonderes Geschick und operative Erfahrung, um zum Erfolg zu kommen. Ist eine Rekonstruktion nicht mehr möglich, beschränkt man sich ggf. darauf, die abgerissenen Sehnenstümpfe zu glätten und entzündetes Gewebe zu entfernen. Nur in Ausnahmefällen ist eine aufwendige Rekonstruktion durch Verlagerung von Sehnen anderer Muskeln sinnvoll (Latissimus-dorsi-Transfer).

Bei komplexer, nicht rekonstruktionsfähiger Ruptur der Rotatorenmanschette und entsprechendem Leidensdruck kann die Implantation einer inversen Schulterprothese erwogen werden.

Postoperative Behandlung

Damit die Sehne nach erfolgter Rekonstruktion der Rotatorenmanschette am Knochen anheilen kann, benötigt sie Ruhe. Die Schulter wird mit einer Bandage zunächst für drei bis sechs Wochen geschützt. Begleitend ist jedoch von Anfang an eine intensive physiotherapeutische Behandlung dringend erforderlich: Initial post-operativ ist Lymphdrainage indiziert. Zur Prophylaxe einer Schultersteife muss das Gelenk frühzeitig passiv mobilisiert werden. Sanfte isometrische Übungen in der Neutralposition der Schulter sollen einer verstärkten Muskelatrophie vorbeugen. Begleitende muskuläre Dysbalancen, insbesondere Verspannungszustände im Bereich der Halswirbelsäule, müssen ausgeglichen werden. Nach frühestens 6–8 Wochen kann mit einem gezielten Muskelaufbautraining begonnen werden.

Capsulitis adhaesiva

Synonyme: frozen shoulder, Schultersteife

Definition und Ätiologie

Die Capsulitis adhaesiva ist eine benigne Schultererkrankung geprägt von Schmerzen und einer Reduktion der aktiven und passiven Beweglichkeit. Sie ist mit einer Erkrankungsdauer von 12 bis 36 Monaten langwierig und hat einen phasenhaften Verlauf. Der gesamte Ablauf ist häufig selbstlimitierend, unvollständige Restitutionen treten auf. Unterschieden werden primäre und sekundäre Formen. Bei der primären Schultersteife ist die Ätiologie unbekannt, Häufungen in Verbindung mit Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus, Thyroiditis) sind beschrieben. Der sekundären Form liegen als Auslöser mechanische Schäden zugrunde, meist sind Verletzungen oder Operationen vorausgegangen.
Morphologisch zeigen sich bei der Capsulitis adhaesiva ein im Volumen reduziertes Gelenk-Cavum sowie eine Synovialitis. Histologisch findet sich eine fibrosierte Gelenkkapsel.

Diagnose

Die Diagnose Capsulitis adhaesiva kann häufig aufgrund von Anamnese und Klinik gestellt werden. Gerade zu Beginn sind diese allerdings häufig sehr unspezifisch.

Anamnese

Der Patient klagt in der Frühphase über Schulterarmschmerzen mit Ausstrahlung in den Oberarm, die ohne erkennbare Ursache aufgetreten sind. Es bestehen meist Ruheschmerzen, aber auch bewegungsabhängige Schmerzen. Im Laufe der Zeit steift die Schulter zunehmend ein.

Klinik

Die Klinik zeigt bei primären und sekundären Schultersteifen 3 Stadien, wobei jedes Stadium durchschnittlich 4–8 Monate dauert. Das Stadium I („freezing phase“) ist gekennzeichnet durch zunächst unspezifische insgesamt progrediente Schmerzen und geht mit einer zunehmenden Einschränkung der Beweglichkeit der Schulter einher. Im Stadium II („frozen phase“) lassen die Entzündung und mit ihr die Schmerzen nach, die Bewegungseinschränkung besteht aber zunächst fort. Im Stadium III, der Auflösung („thawing phase“), geht die Bewegungseinschränkung zurück und die Mobilität der Schulter nimmt zu.

Bildgebung

In der Röntgen-Untersuchung gibt es keine pathognomonischen Zeichen einer Capsulitis – hiermit wird die Omarthrose als Differenzialdiagnose ausgeschlossen. Im Ultraschall finden sich oft unspezifische Flüssigkeitsansammlungen in der Bursa, intraartikulär und im Sulcus bizipitalis, als Ausdruck des Entzündungsstadiums. Auch die Kernspintomografie gibt, insbesondere in der entzündlichen Phase I, diskrete Hinweise. Sie dient aber der Differenzierung zwischen primärer und sekundärer Capsulitis. Oft finden sich in der T2-Wichtung im Bereich des caudalen Rezessus ein flüssigkeitsäquivalentes Korrelat und ein Gelenkerguss.

Therapie

Die Therapie der Capsulitis adhaesiva ist zunächst konservativ. Nur wenn diese nach 3- bis 4-monatiger Therapie versagt, ist eine operative Therapie indiziert.

Konservative Therapiemaßnahmen

Die konservative Therapie sollte in Abhängigkeit von der jeweiligen Erkrankungsphase erfolgen. Im Stadium I ist zunächst eine potente antiphlogistische Therapie indiziert.

Wir behandeln, soweit keine Kontraindikation besteht, mit einer einmaligen intraartikulären Injektion Triamcinolon 40 mg, Dexamethason 8 mg auf 10 ml Bupivacain 0,5 %. Je nach Symptomatik ist zusätzlich ein absteigendes, orales Prednisolon-Schema von 30 mg, 20 mg, 10 mg Prednisolon über jeweils 10 Tage indiziert. In aller Regel reduziert sich der Entzündungsreiz darunter recht rasch, sodass nach ca. 10 Tagen mit einer sanften Gelenkmobilisation begonnen werden kann. Neben physiotherapeutischen Behandlungen wird der Patient zu Eigenübungen angeleitet, um das Glenohumeralgelenk mehrfach täglich selbstständig zu mobilisieren.

Ab dem Stadium II wird eine intensivierte Physiotherapie zur passiven Mobilisierung des Glenohumeralgelenkes in Kombination mit manueller Therapie sowie den Stoffwechsel aktivierenden Maßnahmen empfohlen. Begleitend können ggf. Homöopathika eingesetzt sowie eine Akupunkturbehandlung durchgeführt werden. Kommt es unter den oben genannten Maßnahmen unter 3- bis 4-monatiger Therapie nicht zu einer zufriedenstellenden Verbesserung, sind die arthroskopische Kapsulotomie und begleitende Narkose-Mobilisation indiziert.

Operative Therapiemaßnahmen

Die arthroskopische Kapsulotomie ist eine effiziente und sichere Operationsmethode zur Behandlung der persistierenden adhäsiven Kapsulitis der Schulter. Bei zeitgerechter Indikationsstellung können lange und kostspielige Leidensgeschichten vermieden werden.

Hierbei wird arthroskopisch das rigide Intervallgewebe reseziert, die Ligg. glenohumeralia superior, medius et inferior sowie die ventrale und dorsale Kapsel bis zum caudalen Gelenkrezessus inzidiert. Die früher geübte alleinige Narkosemobilisation sollte wegen der damit verbundenen Risiken und den schlechten Therapieergebnissen nicht mehr durchgeführt werden.

Der im Rahmen der OP gelegte interskalenäre Plexuskatheter sollte postoperativ belassen werden, um unter optimaler Schmerzausschaltung endgradige, passive Bewegungstherapie über mindestens 3 Tage durchzuführen. Die Physiotherapie sollte ambulant unter antiphlogistischer sowie analgetischer Medikation fortgeführt werden.

Akromio-Klavikulargelenk-Arthrose

Synonyme: Schultereckgelenk-Arthrose, ACG-Arthrose

Definition und Ätiologie

Das Akromio-Klavikular-(AC-)Gelenk ist maßgeblich an der Kraftübertragung zwischen oberer Extremität und Thorax beteiligt. Es wird gebildet aus dem medialen Rand des Akromions und dem distalen Ende der Clavikula. Zwischen diesen beiden Gelenkpartnern findet sich der Discus articularis. Ab dem 20. Lebensjahr kommt es zu degenerativen Veränderungen des Faserknorpeldiskus. Dies ist letztendlich ursächlich für eine frühzeitige Arthrose des Akromio-Klavikulargelenkes.

Aufgrund der extremen mechanischen Beanspruchungen findet man eine frühzeitige AC-Gelenk- Arthrose bei Sportlern, insbesondere im Kontakt- und Kraftsportbereich. Degenerative Veränderungen des Akromio-Klavikulargelenks kommen im Alter regelhaft vor. Sie sind jedoch oft asymptomatisch und korrelieren nur mäßig mit der Klinik.

Anamnese

Der Patient klagt meist über Schmerzen im vorderen, oberen Schulterbereich, die bei Belastung, häufig jedoch auch nach Belastung auftreten. Insbesondere auch das Liegen auf der Schulter ist schmerzhaft.

Klinik

Therapeutisch wegweisend ist die klinische Untersuchung, um symptomatische von asymptomatischen Schultereckgelenkarthrosen zu unterscheiden. Typischerweise zeigt sich bei einer symptomatischen AC-Gelenk-Arthrose ein Druckschmerz über dem häufig verdickten AC-Gelenk.

Zudem sind Hyperadduktion sowie die endgradige Flexion am AC-Gelenk schmerzhaft. Um differenzialdiagnostisch begleitende Pathologien im Subacromialraum oder Glenohumeralgelenk abzugrenzen, sollte ein lokaler Infiltrationstest angewendet werden. Beweisend für eine symptomatische Affektion des AC-Gelenkes ist, wenn nach intraartikulärer Infiltration von 2 ml Buvivacain 0,5 % die zuvor positiven Tests negativ sind.

Bildgebung

Röntgen
Standard-Röntgenaufnahmen der Schulter in drei Ebenen, aber auch AC-Gelenk-Zielaufnahmen zeigen eine Gelenkspaltverschmälerung des AC-Gelenkes sowie Osteophyten an der lateralenClavikula. Die radiologischen Zeichen korrelieren aber nur schlecht mit der klinischen Symptomatik.

Ultraschall
Hierbei zeigen sich häufig eine Verschmälerung des Gelenkspaltes und ein Gelenkerguss.

MRT
Die Kernspin-Tomografie weist eine hohe Sensitivität zur Detektion von frühzeitigen degenerativen Veränderungen des AC-Gelenkes, insbesondere aber auch eines periartikulären Knochenmarködems oder einer Osteonekrose der lateralen Clavicula auf. Auch sekundäre Veränderungen wie beispielsweise Bursitis subacromialis, subacromiales Impingement, Tendinose oder Ruptur der Rotatorenmanschette etc. können erfasst werden.

Konservative Therapiemaßnahmen

Die Therapie der AC-Gelenk-Arthrose ist zunächst konservativ. Führen Schonung, lokale Antiphlogistika und Kryotherapie zu keiner signifikanten Verbesserung der Beschwerdesymptomatik, ist die lokale Infiltration des AC-Gelenkes mit Dexamethason 4 mg und Triamchinon 5 mg indiziert. Kommt es hierunter zu einer signifikanten Verbesserung, sollte ggf. eine 3- bis 5-malige Infiltration mit Hyaluronsäure im wöchentlichen Abstand erfolgen.

Operative Therapiemaßnahmen

Scheitern konservative Therapiemaßnahmen, ist das Ziel der operativen Behandlung, 8–10 mm Knochen von der lateralen Clavicula zu resezieren und hierdurch den schmerzhaften Kontakt der knöchernen Gelenkpartner aufzuheben. Die arthroskopische Resektion der lateralen Clavicula hat sich als Standardverfahren etabliert. Vorteilhaft ist dabei, dass Begleitpathologien minimal-invasiv mitbehandelt werden können.

Die Nachbehandlung entspricht weitestgehend der nach subacromialer Dekompression. Die postoperativen Ergebnisse sind in aller Regel hervorragend, d. h. der Patient kann eine schmerzfreie, voll belastbare Schulter erwarten.

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